Durch die Digitalisierung verändern sich aktuell fast alle Märkte. Schlagworte wie Industrie 4.0, 5G, Arbeiten 4.0 oder das Internet of Things bestimmen vielfach die Diskussion auf allen Ebenen und in allen Branchen. Inwiefern ist der klassische technische Service aktuell davon betroffen? Wie ist er organisiert, vor welchen Herausforderungen steht er, und welche klassischen, handwerklichen Felder hat er zu bestellen? In der Serie „Service-Werkstatt“ stellt die Redaktion der Service Today einerseits Vertreter des klassischen technischen Service vor, also Reparatur-Center, Service-Dienstleister für Hersteller, auf der anderen Seite aber auch Innovationsmanager:innen, Anwender:innen, Entwickler:innen und Hersteller:innen von kleinen, aber feinen Software- und Service-Strategielösungen. In dieser Folge stellt die ServiceToday-Redaktion das Konzept der Used Part Factory von Renault Trucks vor. Mit dem Konzept sollen Teile ausgemusterter Lkw einer Wiederverwertung und Wiedernutzung zugeführt werden. Dazu kommen diverse Services und Software-Lösungen.
Immer mehr auch industrielle Aktivitäten in Sachen Kreislaufwirtschaft werden angestoßen, um den Verbrauch natürlicher Ressourcen und die Belastung der Umwelt zu reduzieren. Renault Trucks setzt dabei auf den Bau der Ressourcenfabrik Used Parts Factory und führt damit seine Aktivitäten zur Umwandlung von Gebrauchtfahrzeugen und Refabrikation in der Used Trucks Factory in Bourg-en-Bresse sowie in seinem Werk in Limoges fort. In dieser neuen Industrieanlage in Vénissieux bei Lyon werden künftig Lkw der Marke zerlegt und deren Teile wieder verwendet. Renault Trucks investiert bereits seit fünf Jahren in die Kreislaufwirtschaft – mit einem auf drei Säulen beruhenden Ansatz.
- Erneuerung (frz. Régénérer): Fahrzeuge, die drei oder vier Jahre lang intensiv genutzt wurden, werden in einem der Used Trucks Center der Marke aufbereitet und mit der neuesten Software ausgestattet. Anschließend werden sie zur erneuten Nutzung weitere drei Betriebsjahre bzw. zum Wiederverkauf an ihre Besitzer zurückgegeben. Diese erneuerten Lkw sind in ihrem zweiten Leben einsetzbar wie ein Neufahrzeug und können so den vollen Betrieb über die Millionen-Kilometer-Marke hinaus gewährleisten.
- Umrüstung (frz. Reconvertir): Gebrauchte Renault Trucks werden in einem streng überwachten, industriellen Verfahren für einen neuen Zweck umgebaut. In der Used Trucks Factory, einer Spezialwerkstatt für gebrauchte Lkw am Produktionsstandort Bourg-en-Bresse (Frankreich), werden Sattelzugmaschinen für den Fernverkehr zu Fahrgestellen bzw. zu Baustellen- und Zubringerfahrzeugen umfunktioniert. In der Werkstatt können Fahrzeuge auch auf Betrieb mit dem Biokraftstoff B100 umgerüstet werden. In der Used Trucks Factory werden jedes Jahr 500 Lkw umgebaut.
- Recycling (frz. Recycler): Bei diesem Verfahren werden erneuerte Teile wiederverwendet und anschließend in den After-Sales-Kreislauf zurück-geführt. Heute erfolgt das Remanufacturing“ von Motoren, Getrieben, Einspritzdüsen und Partikelfiltern im Werk des Herstellers in Limoges (Frankreich). Renault Trucks verlängert dank dieser Vorgehensweise, d.h. durch die Verwendung neuer und rundum erneuerter Teile, die Lebensdauer seiner Fahrzeuge. Ein nachhaltiger Ansatz in doppelter Hinsicht also, da das Recycling sowohl zur Erneuerung als auch zur Umrüstung beiträgt.
Bei Renault Trucks existieren zahlreiche Initiativen zur Verlängerung der Lebensdauer der bisher vermarkteten Fahrzeuge. So gibt es z. B. in der Used Trucks Factory in Bourg-en-Bresse nach strengen industriellen Verfahren umgebaute, gebrauchte Lkw, Upgrades ganzer Technologiebausteine auf den neuesten Stand oder Sonderserien von Gebrauchtfahrzeugen. Beispiel ist der T Robust 13L – er wird von Renault Trucks Gebrauchtfahrzeugexperten ausgewählt, vorbereitet und umgebaut. Die schwierigsten Arbeitsschritte, wie beispielsweise die Lackierung, werden in der Used Trucks Factory durchgeführt. Der Renault Trucks T Robust 13L bietet darüber hinaus den gleichen Service wie ein Neufahrzeug. Er wird mit der Selection-Herstellergarantie von drei Jahren bzw. eine Million Kilometern sowie dem Excellence Predict Vertrag geliefert. Dieser beinhaltet einen Wartungsvertrag sowie eine remote Überwachung der Verschleißteile, um unerwartete Ausfallzeiten zu vermeiden. Auf dem Gelände von Renault Trucks in Saint-Priest wurden im Jahr 2020 7.500 Quadratmeter für die Erneuerung von Gebrauchtfahrzeugen eingerichtet. Der halbindustrielle Prozess beginnt nach der Rückgabe des Gebrauchtfahrzeugs an den Hersteller mit einer gründlichen Analyse des Gebrauchtfahrzeugs anhand von 200 Prüfpunkten. Dazu zählen vor allem der Antriebsstrang und das Abgasreinigungssystem. Dort werden auch vorbeugende Wartungsmaßnahmen durchgeführt, ebenso wie der Austausch von Komponenten, wie z.B. dem Turbolader. Anschließend wird die Software des Fahrzeugs aktualisiert und die Verbrauchsleistung kann so auf den neuesten Stand gebracht werden.
Als Fortführung dieses Ansatzes hat der Hersteller die Used Parts Factory ins Leben gerufen. Hierbei handelt es sich um eine Industrieanlage, in der das Recycling von Lkw und die Wiederverwertung der Teile und Rohstoffe, aus denen sie bestehen, stattfinden. Dieser Initiative ging eine im Jahre 2020 gemeinsam mit dem Spezialisten Indra Automobile Recycling und der französischen Umwelt- und Energiebehörde ADEME (Agence de l‘Environnement et de la Maîtrise de l‘Énergie) durchgeführte Vorstudie voraus. Diese Studie zielte darauf ab, die grundlegenden Erfolgsfaktoren und die Anforderungen für die Umsetzung eines solchen Systems aus wirtschaftlicher Sicht zu ermitteln.
Used Parts Factory: Aufwertung ausgedienter Lkw
Renault Trucks beabsichtigt, Lkw am Ende ihres Lebenszyklus zu verwerten und Ersatzteile wiederzuverwenden und eröffnet daher ein eigens dafür vorgesehenes Werk im Herzen seines Industriestandorts Lyon-Vénissieux. In der in unmittelbarer Nähe des Logistikzentrums angesiedelten, 3.000 Quadratmeter großen Anlage, sollen gebrauchte Renault Trucks mit einem hohen Kilometerstand verarbeitet werden, deren Teile ein hohes Recyclingpotenzial aufweisen. Grundsätzlich sind die Komponenten von Renault Trucks für eine Lebensdauer von mehr als 1,5 Millionen Kilometer konzipiert. Die Fahrzeuge kommen in die Used Parts Factory und werden dort zerlegt. Die Mitarbeiter entnehmen die zuvor identifizierten Bauteile zur Wiederverwendung (Motor, Getriebe, Kabine, Tanks, Stoßstangen, Spoiler usw.). Nachdem die zur Wiederverwendung bestimmten Teile ausgebaut worden sind, werden die anderen Komponenten recycelt. So werden z. B. die Längsträger zugeschnitten und anschließend zur nahe gelegenen Gießerei gebracht. Das dadurch gewonnene Metall, wird zur Herstellung neuer Fahrzeuge genutzt. Die zur Wiederverwendung bestimmten Komponenten werden im nächsten Schritt überprüft, gereinigt und zum Zwecke der Referenzierung und Rückverfolgbarkeit gekennzeichnet. Diese recycelten Teile kommen dann in das nahegelegene Renault Trucks-Ersatzteillager und werden dort, genauso wie die neuen Originalteile, gelagert.
Renault Trucks-Gebrauchtteile: ein Herstellerangebot für wiederverwendete Teile
Wiederverwendete Teile werden – wie auch neue Ersatzteile – unter dem Label „Used Parts by Renault Trucks“ (Renault Trucks Gebrauchtteile) vermarktet und den Händlern über das herstellereigene E-Commerce-Portal für Ersatzteile zur Verfügung gestellt. Diese recycelten Teile haben eine Herstellergarantie und sind durchschnittlich 50 bis 60 Prozent billiger als Neuteile. Renault Trucks setzt bei gebrauchten Ersatzteilen für seine älteren Fahrzeugreihen die Zusammenarbeit mit Indra Automobile Recycling fort und wird seinem Händlernetz Teile aus der vom Recyclingspezialisten durchgeführten Demontage anbieten.
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